E. Flemmer :
Volkshochschule Volkerzen


"Ihr lieben Leute, sagt mir bloß,
was ist in Volkerzen denn los?"
So hörte man die Leute fragen,
ein jeder wußte was zu sagen;
die Sache war ja einfach toll,
die Zeitungen, sie standen voll
vom kleinen Heimatdorf Volkerzen,
das einsam ganz versteckt im Herzen
des schönen Westerwaldes liegt,
ja hier hat die Kultur gesiegt,
hier hat man sich vereint verbündet
und eine Volkshochschul'gegründet.
Man hatte je vor ein'gen Jahren
von Volkerzen schon viel erfahren,
daß man im Ort Gemeinschaft pflegte
und ständig den Gedanken hegte,
die Dorfgemeinschaft zu erneuern
in Wort und Liedern und in Feiern.
Wißt ihr es noch als wir vor Zeiten
gar oft gemeinsam Seit'an Seiten
im schönen Jugendchor gesessen,
nicht wahr, wir werden's nie vergessen?
So war es schließlich denn kein Wunder,
schritte man im vorigen Jahre munter
aus alter Tradition im Ort
zu neuen Taten rüstig fort.
Herr Schubert, der nach hier verschlagen
in jenen schweren Nachkriegstagen,
dort aus dem fernen Schlesierland,
wo er als Dichter sehr bekannt,
wo er als Rektor manches Jahr
einst einer großen Schülerzahl
ein Vater war, Erzieher, Freund,
gar vielerlei in sich vereint.
Mit Geistesgaben großer Art
hat unser Herrgott nicht gespart,
und hat ihm einst für's Erdenleben
an Weisheit vieles mitgegeben.
Und wie's nun mal im Leben Brauch,
daß viele von des Geistes Hauch
der großen Denker profitieren
um Goethes Faust mal zu zitieren,
so wollen wir an jenen Gaben
Herr Schubert's auch mal Anteil haben
Und da Herr Schubert einverstanden,
sich bald auch Interessenten fanden
und so entstand wie schon gebracht,
die Volkshochschule über Nacht.
Stets freitags kamen wir zusammen,
es loderten im Herz die Flammen,
die die Begeisterung entfachte,
wenn uns Herr Schubert Neues brachte.
Wenn er aus eig'nen Werken las,
die Dorfgemeinschaft schweigend saß,
und jedem ging's auf Schritt und Tritt
wie ein Erlebnis lange mit.
Das Leben uns'rer schlesischen Brüder
schrieb er in einem Werk darnieder.
"Die Wuttbergbauern" wird's genannt,
nach einem Berg im Schlesierland.
Das,was Herr Schubert oft bewegte,
sich schwer auf seine Seele legte,
das war der deutsche Frontsoldat,
fern hinter russischem Stacheldraht.
Ein kurzes Werk es spiegelt wieder
das Schicksal der gefangenen Brüder,
ruft's ins Gedächtnis euch zurück
"Markus Urban und sein Geschick."
Die Welt im Großen und im Kleinen
die Erde mit den Urgesteinen,
mit Mensch und Tier der Pflanzenwelt
sie wurde jüngst ins Licht gestellt.
In allem wurden wir gewahr,
wie Gottes Schöpfung wunderbar,
wie Gottes Weltall riesengroß,
der Mensch ein kleines Stäubchen bloß.
Gar vieles konnten wir erlernen
von Sonne, Mond und von den Sternen,
von des Atom's gewaltiger Kraft,
die weltumwälzend wirkt und schafft,
im Zeitenwandel unsrer Dichtung,
von Nietzsche und vom Nihilismus,
von Stalin und vom Kommunismus,
auch Goethes Faust war interessant,
da er noch vielen unbekannt.
So hat es sich vor eingen Wochen
schon vielerorts herumgesprochen,
in Zeitungen da war's zu lesen,
daß sowas noch nie dagewesen,
wie sich die Volkshochschul' bewährte,
wie man das Bauernvolk belehrte.
Und eines Tags, konnt's anders sein,
da traf Besuch aus Betzdorf ein.
Zwei Herren vom Gewerkschaftsbunde,
sie saßen mit in unsrer Runde
und waren wirklich ganz begeistert,
wie unser Chef die Sache meistert.
Bald war sie auch in Mainz bekannt,
die Volkshochschule auf dem Land.
Man zog Erkundigungen ein
von unserm ländlichen Verein.
Herr Schubert konnt stolz hinschreiben,
daß unsre Arbeit, Tun und Treiben,
schon ganz erfolgreich blüht, gedeiht,
doch meine Lieben, es ist Zeit,
mich nun allmählich kurz zu fassen,
es warten schon die Kaffeetassen!
Jedoch bevor wir heute schließen,
laßt mich noch unsern Rektor grüßen.
Es sei ihm nun in aller Namen,
die heute zur Weihnachtsfeier kamen,
für alle Arbeit, alle Mühe,
die er oft bis zur Morgenfrühe
sich um die Schule hat gemacht,
der Dank der Schule dargebracht.
Es dankt ihm heut von ganzem Herzen
die Dorfgemeinschaft von Volkerzen.